Vita

Ilse Kersten

freischaffende Malerin und Dozentin
lebt und arbeitet in Nürnberg und Portugal

geb. 29.04.46

1978 – 1985
Studium an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg
Textilkunst und Wandgestaltung: Prof. Eusemann
Freie Malerei: Prof. Scharl

1982 – 1986
Studium und Assistenz bei Prof. Gerhard Wendland – Malerei
Nürnberg

1986 – 1991
Studium der Kunst-Therapie am AKT München

seit 1986
als Dozentin tätig:
Bildungszentrum Nürnberg, Fachhochschule für Innen-
architektur, Coburg (1988 – 92), verschiedene Studienhäuser

Leitung von Malseminaren und Workshops im In- und Ausland

seit 2006
Erlernen der Chinesische Tuschemalerei
bei Prof. Xiaolan Huangpu, Wien

ÜBER DIE MALEREI UND MICH

Es ist die Natur, die mich aufatmen lässt, die heilt, ausgleicht, Kraft, Freude und Kreativität schenkt. Natur und Schöpfung sind eins und die Geschenke, die wir erhalten sind vielfältig, erstaunlich, oft großartig und bezaubernd.

Öffnet sich eine Blüte und ich schaue hinein, kann ich mich in diesem Schauen verlieren. Ich erlebe die Blüte auf allen Ebenen – ich spüre die feine Struktur, bin gefangen von der Farbe, dem Duft, den sie verströmt und lasse mich ergreifen von ihrer Schönheit und Einmaligkeit. In mir entstehen Bilder, Formen, Farben und es ist nicht die äußere Form, die zum Ausdruck drängt. Es ist eher eine Art inneres Bild, welches auftaucht, etwas vom Wesen zeigt und dem, was ich erlebe beim Betrachten.

Halte ich mich in der Natur und im Freien auf, erlebe ich mich im Einklang mit mir selbst und dem Universum. Es ist das Licht, der Wind, das Rauschen in den Blättern, dem Bambus, der Klang des Meeres, das Zwitschern der Vögel oder ein Sonnenuntergang, schon tausendmal erlebt und doch wieder als besonders empfunden, was mich tief berührt. In jedem Teil der Welt und der Schöpfung gibt es das Einmalige, das Großartige, das, was sich nicht fassen lässt. Es ist die Kraft, die Künstler aller Genres inspiriert und antreibt.

Oft sind es die kleinen Dinge, die zum Erlebnis werden und in meine Malerei einfließen, Details aus der Natur und der Schöpfung, Symbole und Zeichen, die in die künstlerische Arbeit eingefügt werden, um das Unbegreifliche auszudrücken. Sie helfen Übersetzungen zu finden, das Vokabular zu erweitern, das Vordergründige, allzu Deutliche zu vermeiden. Hier ist die Kunst des Weglassens gefragt, die Kunst, etwas vom Eigentlichen zu erfassen. Das Bild, das sich in der Wirklichkeit zeigt, mit dem Inneren verbinden – es innerlich werden lassen. Raum geben und Möglichkeiten schaffen ohne alles auszusprechen.

Wir sind gewohnt, mit den Augen an der äußeren Erscheinungsform hängen zu bleiben. Den Schritt zu wagen, auf eine tiefere Ebene des Erlebens zu gelangen, die etwas vom Wesen und der Seele des Gesehenen preisgibt, verlangt das tiefe Schauen. Es ist eine Art der Betrachtung, die nicht an Zeit und Raum gebunden ist und in der man sich diesem Prozess ganz hingibt. Manchmal ist es möglich, aus dem eigenen Berührtsein etwas zu erschaffen, das auch andere ergreift.

In der Malerei geht es mir vor allem darum, Verborgenes zu offenbaren oder allzu Direktes zu verhüllen, Spirit und Materie zu verbinden.
Mich interessieren auch Themen, die der Alltag mit sich bringt, das Erleben von Polaritäten, das Hinschauen auf das scheinbar Nebensächliche, das Entdecken des Besonderen im Unscheinbaren, das Erkennen von Schönheit eines Details inmitten eines hässlichen Umfeldes.
Der ungegenständliche Ausdruck des Erlebten durch Formen, Farben, Strukturen, Linien und Flächen ist hier gefragt, Inhalte suchen und zur Tiefe finden. Auch Bilder inspiriert von Zen-Sprüchen, Aphorismen oder Zitaten, Bilder geprägt von Eindrücken der Stille, des Lichts, der Vielschichtigkeit und des Raums entstehen auf diese Weise.
Tuschebilder leben vom spontanen Ausdruck, der nachträgliche Korrekturen kaum zulässt und oft freien Raum für das Ungesagte beinhaltet. Eine Verbindung von östlicher und westlicher Auffassung herzustellen ist eine weitere Herausforderung für mich.

Auch wenn es unmöglich erscheint die Größe, Weite und Einzigartigkeit der Schöpfung oder den tiefen Eindruck von Gesehenem und Erlebten einzufangen, ist es mir immer wieder den Versuch wert. Experimentierfreude, Begeisterung, Konzentration und eine gewisse Unbekümmertheit sind meine Begleiter. An guten Tagen malt der Pinsel von selbst und mich gibt es gar nicht. Ansonsten ist es Arbeit, auch Handwerk gehört dazu.

Bei meinen Bildern verwende ich fast immer „materielle“ Untergründe und arbeite mit vielschichtigen, differenzierten Farbaufträgen und besonderen Lichtstimmungen, so dass eine spirituell anmutende Komponente hinzu kommt.

Das Malen an sich erfüllt mich, spendet Licht und Ausgleich, schenkt Sinnhaftigkeit und ein Gefühl von eingebunden sein in ein größeres Ganzes.

ÜBER DIE KUNST UND WAS MIR DAZU EINFÄLLT

Wahre Kunst ist weder gut noch schlecht, sondern ehrlich. Wahre Kunst initiiert den Dialog zwischen Menschen, berührt, bewegt, stellt sich in den Dienst einer höheren Ordnung. Sie bringt Schöpferkraft und Schöpfergeist in die Welt, ist authentisch und wahrhaftig, tief erlebt und erlebbar. Sie wirkt verbindend und lässt den Menschen spüren, dass es ein höheres Ganzes gibt, dem er sich unterordnet und dem er angehört. Es gibt Kunstwerke,die uns im Innersten treffen und anrühren. Kein anderes Medium vermag diese Verbindung zwischen Innen und Außen auf diese Weise herzustellen.

Wir leben in einer Welt, die geprägt ist von der Befriedigung materieller Bedürfnisse, der Jagd nach dem Glück, dem Abenteuer und der Angst vor Verlust. Bombardiert von Klängen, Farben, rasch wechselnden Eindrücken und Reizen, ermüden unsere Sinne und unser Geist. Wir erleben uns getrennt. Es scheint, als sei uns die Entscheidungsfreiheit genommen und es ist keineswegs einfach, in einer Zeit der Hektik und primär materiellen Ausrichtung einen Gegenpol zu setzen.

In der Kunst und im gegenseitigen Austausch darüber wird es möglich, positive Kräfte freizusetzen, den Blick und die Empfindung auf wirkliche Werte im Leben zu richten. Durch Kunst und Natur erfahren wir Rückbindung an das Ganze und Erneuerung. Als Vermittler zwischen Himmel und Erde, der Schöpfung und dem Geist, der allem innewohnt, vermag die Kunst das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen, die Essenz zu zeigen, den Geist zu erfrischen, das Denken und Fühlen zu erweitern. Über die Begegnung mit der Kunst können Menschen wieder in echten Kontakt kommen mit sich selbst und anderen.

Das Gespräch, der Austausch ist heute wichtiger denn je, auch wenn es ein gewisses Maß an Enthusiasmus und Initiative erfordert, eine Kunstausstellung zu besuchen oder eine Ausstellungseröffnung mitzuerleben, bei der der Künstler meist anwesend ist. Fragen über das Leben und die Kunst, über „Gott und die Welt“ tauchen auf und Gedankenaustausch auf allen Ebenen bereichert das Denken, füllt die Ressourcen auf.

Im Prozess von ständigem Geben und Nehmen ist es ebenso wichtig, Kunst zu betrachten und zu erleben, wie künstlerisch tätig zu sein. Inhalte, Wahrhaftigkeit und Spiritualität in der Kunst betrachte ich als Lebensquell in unserer Zeit.